Die Sache beim MXV100 ist die:
Eigentlich liefert der MXV100 genug Ausgangsspannung. Das bestätigt auch der damalige Test (A. Keuler, 22.1.1980), der ihm eine Ausgangsspannung von max. 12,5 V an 4,7 kOhm bei einem Klirrfaktor von max. 0,7% (1 kHz) bescheinigte.
Warum ist die "nominale" Ausgangsspannung denn von GRUNDIG nur mit 0,5 V bezogen auf eine Eingangsempfindlichkeit von 200 mV (Hochpegeleingänge) angegeben? Warum ist seine Loudness und der Lautstärkesteller auf 0,5 V Ausgangsspannung ausgelegt?
Ich vermute dies:
Man wollte vielleicht eine gute Eingangsempfindlichkeit in den Daten angeben (bzw. Marketing hatte das als Vorgabe gemacht), d.h. 2 mV Phono-magn. Eingangsempfindlichkeit (Schalter Phono auf "empfindlich") und mit garantiert sehr guten Verzerrungswerten (< 0,01 % THD) aufwarten.
Hätte man auf 1 V Ausgangsspannung beziehen müssen, wäre die Phono-Eingangsempfindlichkeit relativ schlecht gewesen, nur 4 mV, das wäre 1980 nicht mehr gut gewesen. Mit 0,5 V Ausgangspegel kam man aber noch gerade zurecht (bzw. dort gab es keine so strenge Auflage?).
Auch eine Hochpegel-Eingangsempfindlichkeit, bezogen auf 1 V Ausgangsspannung von nur 400 mV hätte nicht so gut ausgesehen, wie 200 mV bezogen auf 500 mV Ausgangspegel.
Am Ende fehlen also insgesamt ungefähr 6 dB Verstärkung, unter der der MXV100 leidet!
Mampfi und timundstruppi hatten hier einen Anlauf gemacht, um die Verstärkung des MXV100 zu "pimpen", was aber nur teilweise (noch nicht ausreichend) erfolgreich war. Der Ansatzpunkt dabei war, die Gegenkopplung in der zweistufigen Verstärkerstufe zurückzunehmen, die der Klangstellerstufe voransteht.
Timundstruppi hatte mich jetzt "angepiekst", es wäre doch was für mich
, da reinzusehen.
Wie Ihr sicher alle wisst, habe ich ja sonst nichts anderes zu tun (meine Frau wartet inzwischen darauf, dass ich den Wäschetrockner wieder zum Laufen bekomme und ist nicht happy über meinen Nebenjob hier, naja wenigstens habe ich beim Trockner den Fehler gefunden und das Ersatzteil bestellt). Ich habe mich heute also mal in das "MXV100 Empfindlichkeitsproblem" reingebissen.
Ergebnis
Grundig hat auf kompromisslos niedrige Verzerrungen abgestellt. Wenn man bereit ist, da nur ein klein wenig nachzugeben, gehen fast +5 dB mehr Verstärkung. Immer noch mit sehr niedrigem, unhörbaren Klirrfaktor. Das sollte die Erwartungen eigentlich befriedigen.
Ich fasse zusammen:
So war's und so geht's m.E.:
1. Ich kann bestätigen, dass der MXV600 ca. nur halb so empfindlich ist, wie man es sich wünschen würde (es fehlen 6 dB Verstärkung).
2. Die bisherige Annahme hier war, dass man das nicht hinbekommt, weil sonst Stufen übersteuert werden und verzerren. Vorläufige Tests hatten das ergeben (Zusatzverstärkerstufe vor dem Balancesteller eingeschleust).
3. Der Ansatz, die Gegenkopplung (zw. T110/T109) durch Verkleinerung von R189 zu vermindern, um damit die Verstärkung zu erhöhen ist richtig.
4. Ich finde ebenfalls, dass R189 nicht unter 1 kOhm verkleinert werden kann, ohne dass Verzerrungen stark ansteigen. Um den Klirrfaktor im guten (niedrigen) Bereich zu halten, bevorzuge ich für
R189 (R389) 1,2 kOhm. Sonst keine weitere Änderung an der Stufe!
5. Da weitere Änderungen an dieser Stufe die Verstärkung nicht weiter verbessern kann, wie schon mampfi schrieb (was ich auch gefunden habe), ist das Potential dieser Stufe ausgeschöpft.
6. Es ist (gem Simulationsergebnissen) ohne hörbaren Anstieg der Verzerrungen möglich, die
Gesamtverstärkung um 4,9 dB anzuheben, wenn man das bereits von mampfi an der Stufe T110/T109 praktizierte Verfahren in ähnlicher Weise
zusätzlich auf die Eingangsstufen anwendet, deren Schaltungstopologie identisch ist.
7. Auf die Stufe T107/T108 (T307/T308) angewandt:
Dafür wird R164 (R364) von 1,2 kOhm auf 1,5 kOhm vergrössert und R163 (R363) wird von 2,7 kOhm auf 1,2 kOhm verkleinert.
8. Auf Stufe T105/T106 (T305/T306) angewandt (ebenso):
Dafür wird R144 (R344) von 1,3 kOhm auf 1,5 kOhm vergrössert und R143 (R343) wird von 3 kOhm auf 1,2 kOhm verkleinert.
Ausgangspegel und Verzerrungen
Angesichts der um 4,9 dB vergrösserten Verstärkung, muss man einen geringen Anstieg der Verzerrungen inkauf nehmen. Die sind aber auch dann noch weit unterhalb der Hörschwelle:
195 mVeff Eingangspegel Lautstärke voll auf:
MXV100 Originalschaltung, Ausgangspegel 0,7 Veff, für 1 kHz THD = 0,003 %, für 20 kHz THD = 0,004 %, für 40 Hz THD = 0,01 %
MXV100
mod., Ausgangspegel 1,2 Veff, für 1 kHz THD = 0,01%, für 20 kHz THD = 0,015 %, für 40 Hz THD = 0,015 %
1 Veff Eingangspegel Lautstärke voll auf:
MXV100 Originalschaltung, Ausgangspegel 3,1 Veff, für 1 kHz THD = 0,01 % , für 20 kHz THD = 0,02 %, für 40 Hz THD = 0,015 %
MXV100
mod., Ausgangspegel 5,5 Veff, für 1 kHz THD = 0,06% , für 20 kHz THD = 0,08 %, für 40 Hz THD = 0,05 %
Endstufen haben meist bei 1 Veff Eingangspegel schon Vollaussteuerung. Der so modifizierte MXV100 liefert 1 Veff an 4,7 kOhm mit 200 mVeff Eingangsempfindlichkeit (Hochpegeleingänge) und 2 mVeff Eingangsempfindlichkeit Phono magn., wenn Ihr der Simulation glauben wollt, muss ich ja immer dazusagen.
Rund 5 dB Gewinn, die so vermutlich erzielbar wären, sind ja nur knapp unter den angestrebten 6 dB.
Warum ging es dann mit dem Zusatzvorverstärker (V=2,5 entsprich + 8 dB) vor dem Balancesteller nicht?
Entweder + 8 dB waren zu viel oder der verwendete VV erwartete viel grössere Lastimpedanz an seinem Ausgang als es der Balancesteller hergibt. Dann kann er verzerren, weil der OpAmp den Strom nicht mehr liefern kann. Oder die Eingänge des OpAmp-VV wurden von der MXV Eingangsstufe bereits übersteuert (bei 1 Veff Eingangspegel liefert der Ausgang der Eingangsstufe (nicht modifiziert) fast 2 Vpeak, modifiziert 3 Vpeak.
Oft (99%) kommen diese Chinateile auch mit gefakten OpAmps, die bei geringer Last schon versagen. Ich habe neulich viele aus meinem bestand (NE5532, NE5534, OPA-Typen usw.) weggeworfen; ebay, AliExpress,...Versand aus China - alles Schrott, gemessen und mit "echten" verglichen. Hatten über 10 x so hohen Klirrfaktor, nur 1/5 bis 1/10 der Bandbreite und 10 x mehr Intermodulationsverzerrungen als die echten. Die Chinesen drucken da drauf, was sie wollen, ist inzwischen mit Lasermarking und kann man nicht mehr mit Azetontest erkennen, wie früher, nur noch durch elektrisches Messen. Die meisten Käufer können das nicht.
Meine Erfahrung: 6 x aus CN gekauft, von 6 verschiedenen Anbietern - habe 6 x Fälschungen bekommen, auch in DIY-Kits, Aufdrucke unterschieden sich teilweise, aber innen war immer derselbe Schrott drin.
Messverfahren, um zu testen:
Einfache Opamp-Verstärkerschaltung nach Datenblatt aufbauen (mit Sockel, dass man die OpAmps leicht wechseln kann).
Mit echtem OpAmp aus seriöser Quelle (Digi-Key, Mouser oder andere, die direkt nur von autorisierten Distributoren kaufen - schriftlich zugesichert ) vergleichen:
Bei NE5532, NE5534 einfach mit Diodentest machbar:
https://youtu.be/Junk1WG0K8g
Sonst:
Nach Datenblatt zulässige Last an den OpAmp-Ausgang hängen (ohne Last sehen alle meist gut aus!)
Dann NF-Wobbeln. Grenzfrequenz für - 3 dB
Klirrfaktor mit Last über 20 Hz - 20 kHz
Multitonverfahren mit Last für IMD Verzerrungen
Ausgangsstrom- und Spannung nach Datenblatt
Die Unterschiede zwischen echt und fake waren riesig.
Reinhard