Danke für Eure Kommentare,
Ihr habt alle Recht!
Zunächst muss ich noch eine Berichtigung machen.
Ich habe mir die Kollektorströme der beiden Endtransistoren noch mal angesehen. Für diese merkwürdige Spule (ist die um den 1 Ohm Widerstand R679 gewickelt?) ist in den Grundig Unterlagen kein Wert genannt. Im Schaltplan steht nur:
"R795 (R695)
8V
und eine Grundig-Teilenummer"
Ich hatte hier zuvor eine Induktivität genannt, die ich korrigieren muss. Wenn ich mir die Kollektorströme beider Transistoren bei höherer Frequenz (18 kHz) ansehe - dort wirkt die Induktivität ja besonders - erhalte ich gleiche Kollektorströme (Symmetrie) bei
L= 2 µH. Zusammen mit dem 1 Ohm Widerstand dient die Induktivität also zur Symmetrierung der Kollektorströme.
2 µH sind also für "R795 (R695)" richtig! Damit ist maximale Leistung bei höheren Frequenzen und für minimalen Klirrfaktor gegeben.
Kollektorstrom
Da sind wir auch gleich beim Thema: Kollektorströme, die entscheiden über Leben und Tod der Endtransistoren
Ich sehe, wenn alles optimal eingestellt ist,
bei 220 V Netzspannung (---> 44 V Betriebsspannung der Endstufen) eine maximale Ausgangsleistung von 25 W an 8 Ohm. Das stimmt exakt mit der von Grundig genannten Ausgangsleistung von 25 W an 8 Ohm (steht offenbar in der Bedienungsanleitung, zitiert bei hifi engine) überein.
Nicht jeder mag einer Simulation glauben (der Einwand kommt ja IMMER, wie das Amen in der Kirche), aber hier sollte auch der Skeptiker anerkennen, dass es ja stimmt.
So sieht das aus ( 1 kHz, max. Ausgangsleistung):
OBEN: Ausgangsleistung an 8 Ohm
MITTE: Kollektorstrom T622 (blau) und Kollektorstrom T623 (rot)
UNTEN: Ausgangsspannung an 8 Ohm LS-Last
Es gibt einen Grund, wenn Grundig die Ausgangsleistung nur für 8 Ohm angibt. Denn an einer 4 Ohm Box kann die Endstufe überfordert werden und sie ist nicht gegen Überlast gesichert. Das ist wohl die Crux hier!
Bei der gleichen Ausgangsspannung wie an 8 Ohm, gibt die Endstufe an 4 Ohm die doppelte Leistung ab, also dann 50 W (Sinus).
Die
Kollektorströme der Endtransistoren verdoppeln sich dabei auf ca. 2,7 A rms. Das ist gerade noch im sicheren Betriebsbereich (SOA)nach Datenblatt BDW93 / BDW94. Die CE-Spannung jedes der beiden Endtransistoren liegt dabei an der halben Betriebsspannung, hier also UCE=22 V.
Jetzt erhöhe ich die Netzspannung auf 240 V. was passiert?
Die Betriebsspannung der Endstufe steigt auf 48 V. Damit erhöht sich die maximal mögliche Ausgangsleistung, da sich die Clippinggrenze zu einer höheren Maximalspannung verschiebt. Ausserdem erhöht sich UCE auf 24 V. Ohne bereits im Clipping zu sein, habe ich an 8 Ohm bereits 31 W Ausgangsleistung und 4 Ohm 62 W Ausgangsleistung. Die Kollektorströme sind damit für 4 Ohm Last bei 2,9 bis 3 A rms, also auf der nach Datenblatt maximal möglichen Leistungsgrenze (3,1 A DC oder rms, bei 24 V UCE) der Endtransistoren.
Wenn ich jetzt "experimentiere und nur 1 x "richtig aufdrehe", also "nur kurz" ins Clipping komme, überschreite ich dabei die Leistungsgrenze der Endtransistoren, denn die Kollektorströme übersteigen 3 A rms bei 24 V UCE. Folge: Endtransistoren tot (oder einer der beiden).
Bei seinerzeit 220 V / 44 V konnten die BDW93 / BDW94 Transistoren ein leichtes Clipping gerade noch überstehen, heute mit 240V / 48 V aber nicht mehr. Wohl deshalb spricht Grundig auch von Ausgangsleistung an 8 Ohm und nicht 4 Ohm. Bei 8 Ohm halbiert sich der Kollektorstrom.
Zusammengefasst:
An 8 Ohm Lautsprechern ist die MR200 auch im Clipping noch "sicher".
An 4 Ohm Lautsprechern ist die MR200 bei Clipping tot (bei heute 240 V / 48 V Betriebsspannung)
Dies ist meine "beste" Erklärung.
BDX53C BDX54C sind dann auch keine Lösung, sie sind sogar noch etwas schlechter in der SOA als BDW93 / BDW94.
Und...
Obacht!
Es gibt von ST sog. BDW93CFP und BDW94CFP deren SOA ist weniger als halb so groß wie die von ST BDW93C und BDW94C.
Und dann gibt es BDW93 und BDW94 von verschiedenen anderen Herstellern (multicomp, ISC semi, ...) die eine SOA angeben, die schlechter ist als die von ST oder die gar keine SOA angeben. Ratet, warum!
Wenn die Endstufe aber stirbt, obwohl gar kein Lautsprecher (Last) angeschlossen ist, dann habe ich bisher dafür keine Erklärung. Es gibt in dem Fall bei Clipping zwar sog. Querstromspitzen, die sind aber nur wenige µs weit, so dass sie kaum Leistung fordern und auch beim Sitzenstrom nicht so fordernd. Würde ich als Ursache für Endstufentod ausschliessen.
Querstromspitzen, wenn keine Last an der Endstufe:
Reinhard