A 9000 und seine Schwachstellen
Verfasst: Sa 14. Jun 2025, 22:01
Forenfreunde,
gerade habe ich einen Fine Arts A 9000 Vollverstärker repariert.
Bei ihm war der linke Kanal ausgefallen, die Endstufen waren aber in Ordnung, Relais schalteten die Ausgänge frei. Ausserdem das Übliche: Beleuchtung ausgefallen (Birnchen durchgebrannt). Zusätzlich waren Widerstände im kleinen Netzteil hochohmig und einige der dortigen Kleinelkos waren "am Ende". Sie stehen ja recht warm eng an den Kühlkörpern der Spannungsregler.
Und es waren durch offenbar zu enge / viel zu stramm sitzende Cinchstecker bei drei der Cinch-Eingangsbuchsen deren äussere, vergoldete Massehülsen herausgerissen. Sie lagen glücklicherweise bei.
Reparatur:
Netzteil überholt.
Beleuchtung auf LEDs mit vier Vorwiderständen umgebaut (pro zwei LEDs in Serie ein 390 Ohm Vorwiderstand).
Eingangsplatine ausgebaut, Cinchbuchsen ausgebaut und die Goldhülsen wieder draufgesteckt und festgedrückt.
Fehlender linker Kanal:
Ursächlich war der Schleiferkontakt des Balancepotis, das beim linken Kanal keinen Kontakt mehr zur Widerstandsbahn hatte. Poti ausgebaut, geöffnet und Schleiferkontakte nachgebogen.
Alles wieder gut, linker Kanal ist wieder voll da.
Weshalb ich hier poste, ist vielmehr den Messungen geschuldet, die ich nach einer Reparatur immer mache. In diesem Fall: THD (Klirrfaktor) an 4 Ohm und an 8 Ohm Lastwiderstand.
Bei niedriger Ausgangsleistung waren diese unauffällig niedrig, wie es beim A 9000 sein soll. Meine "normale" Messeinrichtung mit guter Mittelklasse-Soundkarte (Steinberg UR242) ist dafür schon nicht mehr hinreichend, deren Untergrenze ist bei einem THD-Wert 0,003 % (1 kHz). Der A 9000 hat aber bei 10 W nur 0,001 % und auch bei 50 W nur höchstens 0,005 % THD (an 4 Ohm Last). Für < 50 W Ausgangsleistung musste die QA403 her, die noch bis 0,0001 % (-120 dB) THD messen kann.
Bei >0,005 % THD stimmen meine UR242 Soundkarte und die leistungsfähigere QA403 bei den angezeigten Werten überein. Ich bin deshalb sicher, dass ich keiner Fehlmessung aufsitze.
Worum es denn nun genau geht, seht ihr hier: THD bei 1 kHz gemessen. Grundig spezifiziert in den Technischen Daten des A 9000 aber:
Klirrfaktor bei 1 kHz, Power (P, bezogen auf 120 W Sinus Nennleistung an 8 Ohm) - 1 dB: THD < 0,005 %
- 1 dB von 120 W sind 95 W.
Anders gesagt:
Der A 9000 soll bei 95 W Ausgangsleistung an 8 Ohm Last und bei 1 kHz THD-Verzerrungen von nicht mehr als 0,005 % haben.
Tatsächlich messe ich aber den zehnfachen Wert: THD = 0,045 %, auf beiden Kanälen gleich.
Dieser A 9000 erreicht bei meiner Messung bei 50 W an 8 Ohm schon 0,005 % THD, auf beiden Kanälen.
Tatsächlich hatte ich bei einer Reparatur eines anderen A 9000 im Jahr 2010 bei 50 W an 8 Ohm einen THD bei 1 kHz von nur max. 0,003 % (oder weniger) gemessen. Der Wert würde der Grundig-Spezifikation entsprechen. Ich weiss aber nicht, ob damals die Netzspannung auch schon bei 238 V lag.
Nach meiner bisherigen Erfahrung fallen THD-Messungen an 8 Ohm Lastwiderstand bei den meisten Verstärkern günstiger aus als bei Messung an 4 Ohm. Jedenfalls ist das der Fall, wenn die Verzerrungen grösstenteils in der Stromverstärkungsstufe bei hohem Ausgangsstrom entstehen (bei 100 W ist der Ausgangsstrom 5 A an einem 4 Ohm Lastwiderstand, aber nur 3,5 A bei einem 8 Ohm Widerstand).
Hier, beim A 9000 (zumindest bei DIESEM) ist es anders. Wie an der Grafik ersichtlich, steigen die Verzerrungen im oberen Leistungsbereich an 8 Ohm Last viel früher und stärker an als beim 4 Ohm Lastwiderstand. Demnach ist die Zunahme nicht primär durch den Ausgangsstrom bestimmt, sondern durch die höhere Ausgangsspannung, die für gleiche Leistung an 8 Ohm erforderlich ist.
Ich vermute deshalb, dass die Spannungsverstärkerstufe (Treiber, inkl. Hybridbaustein STK) des A 9000 hier für die Verzerrungen im oberen Leistungsbereich ursächlich ist.
Das trifft auch bei 4 Ohm Last zu, ist nur weniger ausgeprägt, da die Ausgangsspannung kleiner bleibt.
Kontaktstörungen an den Schaltern und bei den Relais gibt es nicht. Auch bei Hin- und Herschalten sind die Werte exakt reproduzierbar.
Durch die höhere Netzspannung von jetzt 238 V liegen die Endstufen nicht mehr an +/- 58 V, wie 1990, sondern nun an +/- 64 V. Und auch der STK sieht diese erhöhte Süannung an seiner Versorgung. Kann es sein, dass der STK damit bei höherer Ausgangsspannung nicht mehr im optimalen "Arbeitspunkt" werkelt?
Es ist keine Beeinträchtigung des Hörvergnügens dadurch zu erwarten. dazu sind selbst diese erhöhten Klirrwerte immer noch klein genug. Aber auffällig ist es schon.
Was sagt ihr dazu?
Besten Gruß
Reinhard
gerade habe ich einen Fine Arts A 9000 Vollverstärker repariert.
Bei ihm war der linke Kanal ausgefallen, die Endstufen waren aber in Ordnung, Relais schalteten die Ausgänge frei. Ausserdem das Übliche: Beleuchtung ausgefallen (Birnchen durchgebrannt). Zusätzlich waren Widerstände im kleinen Netzteil hochohmig und einige der dortigen Kleinelkos waren "am Ende". Sie stehen ja recht warm eng an den Kühlkörpern der Spannungsregler.
Und es waren durch offenbar zu enge / viel zu stramm sitzende Cinchstecker bei drei der Cinch-Eingangsbuchsen deren äussere, vergoldete Massehülsen herausgerissen. Sie lagen glücklicherweise bei.
Reparatur:
Netzteil überholt.
Beleuchtung auf LEDs mit vier Vorwiderständen umgebaut (pro zwei LEDs in Serie ein 390 Ohm Vorwiderstand).
Eingangsplatine ausgebaut, Cinchbuchsen ausgebaut und die Goldhülsen wieder draufgesteckt und festgedrückt.
Fehlender linker Kanal:
Ursächlich war der Schleiferkontakt des Balancepotis, das beim linken Kanal keinen Kontakt mehr zur Widerstandsbahn hatte. Poti ausgebaut, geöffnet und Schleiferkontakte nachgebogen.
Alles wieder gut, linker Kanal ist wieder voll da.
Weshalb ich hier poste, ist vielmehr den Messungen geschuldet, die ich nach einer Reparatur immer mache. In diesem Fall: THD (Klirrfaktor) an 4 Ohm und an 8 Ohm Lastwiderstand.
Bei niedriger Ausgangsleistung waren diese unauffällig niedrig, wie es beim A 9000 sein soll. Meine "normale" Messeinrichtung mit guter Mittelklasse-Soundkarte (Steinberg UR242) ist dafür schon nicht mehr hinreichend, deren Untergrenze ist bei einem THD-Wert 0,003 % (1 kHz). Der A 9000 hat aber bei 10 W nur 0,001 % und auch bei 50 W nur höchstens 0,005 % THD (an 4 Ohm Last). Für < 50 W Ausgangsleistung musste die QA403 her, die noch bis 0,0001 % (-120 dB) THD messen kann.
Bei >0,005 % THD stimmen meine UR242 Soundkarte und die leistungsfähigere QA403 bei den angezeigten Werten überein. Ich bin deshalb sicher, dass ich keiner Fehlmessung aufsitze.
Worum es denn nun genau geht, seht ihr hier: THD bei 1 kHz gemessen. Grundig spezifiziert in den Technischen Daten des A 9000 aber:
Klirrfaktor bei 1 kHz, Power (P, bezogen auf 120 W Sinus Nennleistung an 8 Ohm) - 1 dB: THD < 0,005 %
- 1 dB von 120 W sind 95 W.
Anders gesagt:
Der A 9000 soll bei 95 W Ausgangsleistung an 8 Ohm Last und bei 1 kHz THD-Verzerrungen von nicht mehr als 0,005 % haben.
Tatsächlich messe ich aber den zehnfachen Wert: THD = 0,045 %, auf beiden Kanälen gleich.
Dieser A 9000 erreicht bei meiner Messung bei 50 W an 8 Ohm schon 0,005 % THD, auf beiden Kanälen.
Tatsächlich hatte ich bei einer Reparatur eines anderen A 9000 im Jahr 2010 bei 50 W an 8 Ohm einen THD bei 1 kHz von nur max. 0,003 % (oder weniger) gemessen. Der Wert würde der Grundig-Spezifikation entsprechen. Ich weiss aber nicht, ob damals die Netzspannung auch schon bei 238 V lag.
Nach meiner bisherigen Erfahrung fallen THD-Messungen an 8 Ohm Lastwiderstand bei den meisten Verstärkern günstiger aus als bei Messung an 4 Ohm. Jedenfalls ist das der Fall, wenn die Verzerrungen grösstenteils in der Stromverstärkungsstufe bei hohem Ausgangsstrom entstehen (bei 100 W ist der Ausgangsstrom 5 A an einem 4 Ohm Lastwiderstand, aber nur 3,5 A bei einem 8 Ohm Widerstand).
Hier, beim A 9000 (zumindest bei DIESEM) ist es anders. Wie an der Grafik ersichtlich, steigen die Verzerrungen im oberen Leistungsbereich an 8 Ohm Last viel früher und stärker an als beim 4 Ohm Lastwiderstand. Demnach ist die Zunahme nicht primär durch den Ausgangsstrom bestimmt, sondern durch die höhere Ausgangsspannung, die für gleiche Leistung an 8 Ohm erforderlich ist.
Ich vermute deshalb, dass die Spannungsverstärkerstufe (Treiber, inkl. Hybridbaustein STK) des A 9000 hier für die Verzerrungen im oberen Leistungsbereich ursächlich ist.
Das trifft auch bei 4 Ohm Last zu, ist nur weniger ausgeprägt, da die Ausgangsspannung kleiner bleibt.
Kontaktstörungen an den Schaltern und bei den Relais gibt es nicht. Auch bei Hin- und Herschalten sind die Werte exakt reproduzierbar.
Durch die höhere Netzspannung von jetzt 238 V liegen die Endstufen nicht mehr an +/- 58 V, wie 1990, sondern nun an +/- 64 V. Und auch der STK sieht diese erhöhte Süannung an seiner Versorgung. Kann es sein, dass der STK damit bei höherer Ausgangsspannung nicht mehr im optimalen "Arbeitspunkt" werkelt?
Es ist keine Beeinträchtigung des Hörvergnügens dadurch zu erwarten. dazu sind selbst diese erhöhten Klirrwerte immer noch klein genug. Aber auffällig ist es schon.
Was sagt ihr dazu?
Besten Gruß
Reinhard